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Cornelia Ammann und Dr. Franziska Heer übernahmen 2018 die Landpraxis in Nesselwang. © Tierärztliche Landpraxis Nesselwang

Tierarztpraxis Nesselwang: dynamische Tierärztinnen im Allgäu

Cornelia Ammann und Dr. Franziska Heer sind zwei junge und dynamische Tierärztinnen, die eine Tierarztpraxis im südlichen Allgäu übernommen haben. Mit ihrer Landpraxis decken sie viele Bereiche der Tiermedizin ab, ob bei landwirtschaftlichen Nutztieren, Pferden oder Kleintieren. Dabei sind sie erste Ansprechpartnerinnen in vielen Belangen und stehen gleichzeitig in engem Kontakt zu Spezialisten und Kliniken. Gebürtig aus der Region stammend und beide mit landwirtschaftlichem Hintergrund sind sie bestens in der Heimat verwurzelt und mit Land und Leuten vertraut.

Cornelia und Franziska, wie kam es zur Gründung eurer Praxis?

Nach dem Studium der Tiermedizin in Berlin und München haben wir beide als angestellte Tierärztinnen Berufserfahrung gesammelt und einige Zeit als Kolleginnen zusammengearbeitet. Wir haben die Praxis in Nesselwang 2018 von unserem Vorgänger als gut etablierte Nutztierpraxis übernommen. Als wir hörten, Herr Dr. Holland sucht eine Praxisnachfolge, war uns beiden klar, dass dies eine einmalige Gelegenheit ist, sich in der unmittelbaren Heimat selbstständig zu machen und beruflich zu verwirklichen. Wir nahmen zunächst telefonischen Kontakt auf und waren uns auf Anhieb sympathisch. Bei mehreren Treffen informierten wir uns über Praxisstruktur, -zahlen und die bisher gängigen Behandlungsstrategien.

Wie habt ihr euch auf die Praxisübernahme vorbereitet?

Um eine fließende und reibungslose Übernahme zu ermöglichen, arbeitete Franziska zunächst einige Monate als Angestellte bei Dr. Holland und hatte so Gelegenheit, Landwirte und Kunden kennen zu lernen und von uns zu überzeugen. Wir besuchten zudem ein Seminar über Existenzgründung speziell für Tiermediziner. Der Berater dort begleitete uns den gesamten Weg von der Erstellung eines Businessplans über die Beantragung von Fördergeldern bis zur Vorbereitung auf Bankgespräche. Eine wichtige finanzielle Stütze gerade in der Anfangszeit war der staatliche Existenzgründungszuschuss. In der gesamten Planungsphase und beim Umbau der Praxisräume wurden wir tatkräftig von unseren Partnern und Familien unterstützt, sonst hätten wir das quasi „nebenher“ nicht bewältigen können. Natürlich haben wir auch besonders am Anfang viel Geduld und Unterstützung vom zuständigen Veterinäramt, unserem Steuerberater-Team und unserer Versicherungsberaterin erfahren.

„Wir wollen jungen Tierärztinnen ein Vorbild sein.“

Was sind eure größten Herausforderungen?

Die liegen vor allem im finanziellen Bereich. Uns war klar, dass die Praxis in ihrer bisherigen Struktur nicht ausreichte, um zwei Tierärzteinnen zu ernähren und dass wir das Behandlungsangebot deutlich erweitern mussten. Ganz anders als im Angestelltenverhältnis muss man sich als Betriebsleiterin mit vielen fachfremden Dingen beschäftigen. Bis man sich von der Gestaltung der Praxis bis hin zur Abrechnungssoftware durchgeboxt hat vergehen durchaus so manchen Stunden, mit denen man so vorher nicht unbedingt gerechnet hatte. Mit der Übergabe ging Dr. Holland in Ruhestand. Seitdem führen wir die Praxis als GbR mit uns beiden als Teilhaberinnen. Wir haben neue Praxisräume in guter Lage bezogen und das Angebot um eine Kleintiersprechstunde erweitert. Im praxiseigenen Labor untersuchen wir Milch-, Blut-, Kot- und Urinproben und können so schnell eine fundierte Diagnose stellen und therapeutisch entsprechend reagieren. Mittelfristig wollen wir die Praxis ausbauen, aber so klein belassen, dass wir mit möglichst wenig Personal auskommen. Wir wollen nicht „Manager“ werden, sondern in unserem schönen Beruf gerne weiterhin selbst Hand anlegen. Wir wollen jungen Tierärztinnen ein Vorbild sein; durch den Männer-Mangel in der Tiermedizin wird es in Zukunft mehr junge mutige Frauen brauchen, die den Schritt in die eigene Praxis wagen.

Was ratet ihr anderen Gründern bei einer Unternehmensübernahmen?

Für uns war es wichtig, dass die Kunden und Landwirte eine von uns beiden Teilhaberinnen schon kannten und wussten was auf sie zu kommt. Menschlich und fachlich muss es passen. Dann sind auch neue Behandlungsmethoden und veränderte Preise/Abrechnungen gut einzuführen. Zweiter unerlässlicher Tipp: sich fachliche Hilfe holen. Leider spielt Betriebswirtschaft im Tiermedizinstudium immer noch keine/eine zu geringe Rolle. Daher lohnt es sich wirklich, um finanzielle, zeitliche und persönliche Ressourcen zu schonen, einen Gründungsspezialisten zu befragen. Auch beim Thema Steuer und Versicherungen sollte man sich auf einen Profi verlassen. Wenn man als GbR ein Unternehmen übernimmt, sollte man sich vorher gut kennen und sowohl beruflich als auch privat auf derselben Wellenlänge sein. Dennoch sollte die Partnerschaft schriftlich geregelt werden, damit im Ernstfall klare Entscheidungen getroffen werden können. Gerade wenn man sich als Frau selbstständig machen will sollte man sich über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Klaren sein.

www.landpraxis-nesselwang.de (Externer Link)