Du hast als junge Metzgermeisterin die Unternehmensnachfolge in eurem Familienbetrieb angetreten. Wann kam dir der Gedanke zu diesem Weg?
Das war mir schon sehr früh klar. Ich bin direkt nach der Schule in die Lehre als Metzgerin gegangen. Auch, dass ich Meisterin werde, war von vornherein geplant. Denn ich wusste immer: Irgendwann möchte ich unseren Familienbetrieb übernehmen. Und dafür ist der Meistertitel notwendig.
Hattest du Ambitionen, selbst zu gründen?
Tatsächlich habe ich in der Vergangenheit schon öfter darüber nachgedacht, neu zu gründen. Die Ambitionen und Möglichkeiten sind auf jeden Fall da, auch wenn ich glaube, dass es als Frau, auch familiär bedingt, noch immer ein wenig schwierig sein kann, selbst zu gründen. Aktuell ist es für mich aber kein Thema.
Zu eurem Betrieb gehört auch eine eigene Schweine- und Rinderzucht. Hier setzt ihr auf artgerechte Haltung. Was heißt das konkret?
Zu unserem Konzept gehört, dass Kunden immer selbst sehen können, woher ihr Fleisch kommt. Wir produzieren bis auf wenige Ausnahmen mit unseren eigenen Tieren vom Hof. Wir ziehen unsere Ferkel selbst auf. Dafür haben wir unter anderem einen Zwei-Klima-Stall. Es gibt eine beheizte Liegefläche und natürlich einen Außenbereich, in dem unsere Schweine die meiste Zeit verbringen. Den Großteil unserer Rinder ziehen wir ebenfalls selbst auf. Wir achten darauf, dass die Kälber im ersten Jahr auf der Weide mit ihrer Mutter aufwachsen und einen Stall bekommen, der genügend Fläche bietet. Und wenn wir Tiere oder Fleisch aus anderen Betrieben der Region kaufen, dann nur dort, wo die gleichen Bedingungen gelten. Das ist mir persönlich einfach sehr wichtig – war es unserer Familie aber eigentlich schon immer.
Zur Direktvermarktung eurer Fleischprodukte nutzt ihr auch einen Smart-Store. Was steckt dahinter?
Wir sind, soweit ich weiß, eine der ersten Hybrid-Metzgereien in Deutschland. Wir haben einerseits den klassischen Ladenverkauf mit Bedienung an drei Tagen in der Woche. Samstags stellen wir den Laden dann auf digitalisierte Selbstbedienung um. Dafür statten wir jedes Produkt mit einem RFID-Tag aus. Darin sind alle wichtigen Daten wie Preis, Inhaltsstoffe und Haltbarkeitsdatum enthalten. Die Kunden nehmen sich alle gewünschten Produkte aus einer SB-Theke, legen sie in einen Korb und stellen diesen am Ende auf eine digitalisierte Kasse, in der ein Laser alle Produkte mit einem Mal ausliest.
Was hat dich auf diese Idee gebracht?
Tatsächlich wurde ich das erste Mal in Australien auf dieses Konzept aufmerksam, als ich meine Schwester vor ein paar Jahren besucht habe. Dort nutzen es bereits viele traditionelle Gewerbe. Digitalisierte Selbstbedienungskassen gehören in Australien schon länger auch außerhalb von Supermärkten zum Standard. Ich fand das cool und habe mich gewundert, dass ich so etwas noch nie in Deutschland gesehen hatte. Schon damals hatte ich die Idee, so ein digitalisiertes Konzept irgendwann in unsere Metzgerei zu integrieren. Später haben wir dann nach Firmen gesucht, die uns bei der Einrichtung eines Smart-Stores helfen. Das war gar nicht so einfach. Wir haben dann mit einer Firma aus Augsburg zusammengearbeitet, die darin Erfahrung hatte.
Mittlerweile kann man über eine App eure Fleischwaren auch im Online-Shop kaufen. Wie funktioniert sie und wie wirkt sie sich auf euren Betrieb aus?
Wir haben eine App, in der man alle Informationen zu unseren Produkten einsehen und sie vorbestellen kann. Je nach Wunsch kann man sie abholen oder liefern lassen, selbst wenn unser Smart-Store geschlossen hat. Gerade an Feiertagen werden die App und der Smart-Store stark nachgefragt. Die Leute freuen sich über die Möglichkeit, auch an solchen Tagen an frische Produkte zu kommen. Generell haben wir viel positives Feedback auf die Digitalisierung unserer Metzgerei bekommen.
Euer Konzept verbindet Tradition und digitale Innovation. Warum ist das kein Widerspruch? Und wie hat man in der Region auf eure Idee reagiert?
Ein Widerspruch ist es für mich ohnehin nicht. Ich glaube aber, dass es für manche Leute anfangs schwer vorstellbar war, als sie zum ersten Mal von unserem Digitalkonzept gehört haben. So nach dem Motto: Wie soll das in der Praxis aussehen? Es gab Skepsis bei anderen Betrieben, die von unserer Idee erfahren hatten. Als unser Smart-Store dann aber angelaufen ist, schlug diese Skepsis eher in Neugier um. Viele kamen persönlich vorbei, um sich vor Ort ein Bild zu machen und sich den Store erklären zu lassen. Und mittlerweile will der ein oder andere befreundete Kollege selbst den Schritt in Richtung Digitalisierung gehen.
Den eigenen Betrieb zu digitalisieren, ist nicht immer einfach. Hattest du dabei Unterstützung?
In erster Linie hatte ich die Unterstützung meiner Familie. Sie haben mir bei der Umsetzung meiner Ideen geholfen, wo immer es möglich war. Außerdem gab und gibt es immer noch eine sehr enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Programmierern. Das hat sehr gut funktioniert. Und ohne sie wäre das Konzept aus Smart-Store und App nicht umsetzbar gewesen. Als Metzgerin bin ich in der Innung Dachau-Freising organisiert. Das bringt einen gewissen Zugang zu Netzwerken mit sich. Und auch die regionale Handwerkskammer sehe ich als gute Anlaufstelle.
Welchen Rat würdest du jungen Menschen mitgeben, die in den elterlichen Betrieb einsteigen wollen?
Man sollte nicht unterschätzen, wie viel Durchhaltevermögen es bei der Gründung braucht. Das gehört einfach dazu, denn schnelle Erfolge sind eher selten. Außerdem ist die richtige Vorbereitung extrem wichtig. Damit man weiß, was auf einen zukommt, sollte man sich vorher bei den richtigen Anlaufstellen informieren, egal ob es um Handwerk, Landwirtschaft oder etwas anderes geht.